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Blog Post

06
MAI
2017

Abwehrhaltung wie vor 30 Jahren

Schlagwörter : CBRE Preuss Valteq, Immobilienwirtschaft
Von: Norbert Preuß

Es sind nur drei Buchstaben: BIM. Frei übersetzt bedeutet Building Information Modeling “Informationsgestützte Gebäudemodellierung”. Das Prinzip besteht darin, eine Immobilie dreidimensional am Computer darzustellen. Zudem kann jedes einzelne digital aufgeführte Bauteil um Daten ergänzt werden, auf die alle Projektbeteiligten zugreifen können.

Ob Stahlträger, Fassadenelement oder Klimaanlage – nicht nur Maße, Kosten, Materialeigenschaften können hinterlegt werden, sondern auch Brandschutzeigenschaften, Liefer- und Einbauzeit, Auswirkungen auf andere Bauteile bis hin zum jeweiligen Einfluss auf Gesamtenergiebedarf oder Lebenszykluskosten. Planänderungen während des Bauprozesses lassen sich damit deutlich leichter realisieren, weil die Folgen sofort für alle relevanten Parteien sichtbar werden.

Auch wenn die Verwendung des BIM sinnvoll ist, steckt das System in Deutschland immer noch in den Kinderschuhen. Das hat meiner Meinung nach viel mit einer Abwehrhaltung oder Unsicherheit der Beteiligten zu tun. Eine Abwehrhaltung, wie wir sie vielleicht vor 30 Jahren das letzte Mal in der Baubranche erlebt haben. Auch damals waren es nur drei Buchstaben, die für Widerstand sorgten: Das so genannte Computer-Aided Design (CAD), also mehr oder weniger das Prinzip des computergestützten Bauzeichnens. Architekten, Ingenieure und Fachplaner hatten bis dahin noch per Hand gezeichnet. Einige Planer hatten keine Lust, alles auf CAD umzustellen. Es ging doch bislang ohne. Und heutzutage? BIM ist eine Evolutionsstufe von CAD, mit noch ganz anderen vielversprechenden Perspektiven für Planung, Bau und Bewirtschaftung von Projekten.

Vielleicht ist es die generelle Furcht vor Veränderungen, wie wir sie in vielen Bereichen der Gesellschaft sehen, sicherlich handelt es sich aber auch um konkrete Hürden auf Unternehmensebene, beispielsweise Schnittstellenprobleme. Jeder Planungs- und Baubeteiligte mag mit eigenen IT-Lösungen arbeiten, und man kann nicht jedem Unternehmen zumuten, in ein neues BIM-kompatibles System zu investieren, damit alle Parteien den entsprechenden Zugriff haben. Aber erneut: Das Argument gab es vor 30 Jahren schon einmal. Die Lösung – manch einer mag es noch wissen – war damals das so genannte DXF-Format. CAD-Pläne ließen sich so plattformunabhängig nutzen, ähnlich wie das heute bei Open-Office-Dateien funktioniert. Das Schnittstellenproblem

ist bei BIM mittlerweile ebenfalls gelöst, versprechen die Softwarespezialisten. Statt DXF heißt es diesmal übrigens IFC (Industry Foundation Classes).

Es gibt sicher noch sehr viel mehr Klärungsbedarf in der Risikoeinschätzung durch initiierende Investoren, wie zum Beispiel zusätzliche Leistungserfordernisse im BIM-Management auf Bauherren-, Architekten-, Fachplanungs- und Ausführungsebene. Aber auch vertragliche Definitionen und die Anwendung methodischer Ansätze in der Projektsteuerung gehören dazu, genau wie neue IT-Voraussetzungen und Anwendungserfordernisse sowie Haftungsfragen. Diese können und müssen überwunden werden. Denn es ist paradox, dass sich die deutsche Branche über die seit Jahren ansteigenden Baukosten beschwert, ohne selbst Maßnahmen zu ergreifen, die langfristig Geld sparen können. Die Umstellung benötigt sicherlich anfangs viele Kapazitäten und erfordert eine Neuausrichtung der Kompetenzen, doch letztlich ermöglicht sie eine höhere Effizienz auf der Baustelle. Außerdem kann das Risiko teurer und zeitraubender Fehlplanungen bereits im Vorhinein deutlich verringert werden.

Während andere Länder BIM für bestimmte Bauvorhaben bereits verpflichtend eingeführt haben, ist mir in Deutschland nicht ein einziges Projekt bekannt, das von Anfang bis Ende konsequent BIM-gestützt war. Man bedenke, dass in Südkorea bereits seit 2008 eine rapide Entwicklung bei der großflächigen Benutzung des BIM eingesetzt hat und beispielsweise in Dubai seit 2014 gesetzliche Regelungen für die Verwendung bei größeren Neubauprojekten in Kraft sind – die zudem stetig verschärft werden. Deshalb komme ich einfach nicht umhin, der deutschen Baubranche eine gewisse Behäbigkeit zu attestieren. Auch die hiesige Politik wirkt bei diesem Thema nicht übermäßig motiviert: Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt plant lediglich, alle verkehrsinfrastrukturellen Großprojekte ab 2020 verbindlich unter Zuhilfenahme des BIM umzusetzen. Wie Dobrindt selbst bestätigte, handelt es sich um einen Versuch, gegenüber anderen Staaten aufzuholen.

Wobei man wissen muss, dass im Ausland nicht überall BIM vorliegt, wenn über BIM gesprochen wird – nicht jedes Computerprogramm, das zur Darstellung von Gebäuden am PC verwendet wird, erreicht die nötige technische Komplexität. Zudem sind die Diskussionen über Definitionen im Anwendungslevel von BIM in den meisten Nationen noch in vollem Gange. Unabhängig davon wird sich die Digitalisierung im Planen und Bauen nicht aufhalten lassen und die Zögerer und Zauderer innerhalb der deutschen Baubranche überholen.

Sollte ich mich irren, freue ich mich über eine Nachricht.

Dieser Beitrag ist am 5. Mai 2017 in der Immobilienwirtschaft erschienen

Über den Autor
Prof. Dr.-Ing. Norbert Preuß ist Geschäftsführer der CBRE Preuss Valteq GmbH

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