Besser gezielt als groß: Warum bringt lokales Knowhow mehr Wertschöpfung als Skaleneffekte?
Größer, stärker, effizienter, das ist die Strategie vieler Immobiliengesellschaften. Zusammenschlüsse sollen Skaleneffekte erzeugen, zunehmende Standardisierung die Verwaltung von Wohnungen effizienter machen. Doch Wachstum um des Wachstums willen hat auch seine Nachteile. Wer nur auf die Größe schaut, übersieht die Stärken spezialisierter Wohnimmobiliengesellschaften: Lokales Knowhow, Mieternähe und die Fähigkeit, gezielt auf die Besonderheiten einzelner Liegenschaften einzugehen. Standardisierung hat ihre Berechtigung und ist in vielen Bereichen ein Effizienzmotor.Im Mietermanagement kann dagegen aus „one size fits all“ allzu schnell „one size fits none“ werden.
Mit einem aktiven Mietermanagement vor Ort können Potenziale gehoben werden, die in den standardisierten Prozessen der Großen schnell untergehen. Dadurch ist auch eine effiziente Wertschöpfung möglich: Dank ihrer Nähe kennen kleinere Wohnimmobiliengesellschaftendie regionalen Besonderheiten ihrer Objekte, können deren Stärken nutzen, Schwächen gezielt beheben und individuelle Möglichkeiten ausreizen. Das fängt schon beim Objekterwerb an – viele kleinere Wohnimmobiliengesellschaften weisen einen hohen Grad an Spezialisierung und damit gebündeltem Knowhow auf. Sie wählen neue Objekte gezielt so aus, dass ihre eigenen Stärken optimal zum Tragen kommen, anstatt nur auf die üblichen Kennzahlen zu achten.
Insbesondere bei der Sanierung von Bestandsobjekten ist es wichtig, sich mit der Mikrolage und Mieterstruktur auseinanderzusetzen. Verzichtet man darauf, saniert man schnell am eigentlichen Bedarf vorbei, verschwendet Geld und belastet womöglich das Verhältnis zu den Mietern unnötig. Wer sich dagegen die Mühe macht, ein maßgeschneidertes Sanierungskonzept zu entwerfen und in enger Kommunikation mit Mietern und Kommunalverwaltung umzusetzen, kann eine nachhaltige Wertsteigerung erzielen.
Ein Beispiel für standortbewusste Sanierung findet aktuell im Kölner Viertel Bickendorf statt. Der Stadtteil galt lange Zeit als Problemviertel, und viele Anwohner beklagten sich über die Gleichgültigkeit der Vermieter und der Vernachlässigung der Bausubstanz. Auch bei dem betroffenen Objekt, einem Wohnhochhaus mit zwei komplementären Gewerbebauten aus den 1970er Jahren, bestand erheblicher Sanierungsbedarf. Eine genaue Standortanalyse zeigt jedoch eine starke positive Bevölkerungsentwicklung des Bezirks sowie attraktive Lage am Rande des stark nachgefragten Stadtteil Ehrenfelds sowie konkrete Pläne der Stadt, das direkte Umfeld durch Wohnungsneubau aufzuwerten. Zudem lag bereits ein durchdachtes Sanierungs- und Repositionierungskonzept vor, das jedoch bislang nicht umgesetzt wurde. Das ändert sich nun, nachdem das Objekt im April dieses Jahres in das Portfolio des offenen Immobilien-Publikums-AIF WERTGRUND WohnSelect D wechselte: Die Baumaßnahmen werden voraussichtlich noch vor Jahresende beginnen. Insbesondere werden Fassade und Dach renoviert und Fenster sowie die technische Gebäudeausrüstung inklusive Heizungssystem erneuert. Dadurch wird das Gebäude stark aufgewertet, und auch Bestandsmieter werden von den geringeren Heizkosten nach Abschluss der Maßnahmen profitieren.
Arbeiten in diesem Umfang bedeuten dennoch erst einmal eine Einschränkung für die Bewohner des Hauses und sorgen oft für Verstimmung. Deshalb haben wir von Anfang an Kontakt zu den Mietern gesucht und direkt in dem Objekt ein Regionalbüro mit eigenem Personal eingerichtet. Zudem nutzen wir den aktuellen Leerstand, um Bestandsmietern bei Bedarf Ausweichquartiere anbieten zu können. Durch die Einbindung von Anwohnern und Stadtverwaltung ergeben sich weitere Ansätze, das gesamte Wohnquartier aufzuwerten und die Lebensqualität am Standort zu steigern. Nach Abschluss der Baumaßnahmen wird sich die Vermietungsquote dann schnell steigern lassen, denn die Nachfrage nach energieeffizienten Wohnungen in zentraler Lage ist auch in Köln ungebrochen hoch. Die Höhe der Sanierungskosten, die im Vergleich zum Marktwert des Objekts hoch erscheinen mag, wird sich auf diese Weise schnell auszahlen.
So bringt die gezielte Auswahl und individuelle Betreuung von Wohnimmobilien durch das Heben verborgener Potenziale eine deutlich höhere Wertschöpfung, als es das kontinuierliche Zusammenlegen und Standardisieren größerer Wohnimmobiliengesellschaften vermag. Denn die Sparpotenziale durch Größeneffekte stoßen schnell an ihre Grenzen, wie eine Studie des Kapitalmarktberaters Green Street Advisors gezeigt hat. Bei Gesellschaften, die mehr als 100.000 Wohneinheiten betreuen, sind sie bereits so gering, dass Peter Papadakos, Managing Director für Kontinentaleuropa bei Green Street Advisors, sie nicht mehr beziffern möchte. Denn die Effizienzgewinne ergeben sich hauptsächlich aus der besseren Auslastung lokaler Büros – deren Maximum bereits bei einigen tausend Wohneinheiten je Büro erreicht ist.
Auch Anleger honorieren Einsparungen bei den Verwaltungs- und Gemeinkosten nur geringfügig, wie die Studie von Green Street Advisors ebenfalls zeigt. Ein individuelles Asset-Management dagegen, das lokales Knowhow bündelt und gezielt Stärken unterstützt und Schwächen behebt, zahlt sich in jedem Fall aus – für Investoren und Mieter.