Handel braucht die Sprinter-Steuer
Um gegen den E-Commerce eine Chance zu haben, hilft dem stationären Einzelhandel nur noch eine Ausweitung der Lkw-Maut auf Sprinter bzw. 3,5-Tonner, meint Michael Vogt, Sprecher der Geschäftsführung der Mondial Kapitalanlagegesellschaft (MKA).
Es ist ein Kampf gegen Windmühlen, den der stationäre Einzelhandel derzeit gegen den E-Commerce führt. Mit Ausnahme von Lebensmittel- und Drogeriemärkten müssen sich immer mehr stationäre Fachgeschäfte der Konkurrenz aus dem Internet geschlagen geben. Betriebe schließen, Arbeitsplätze gehen verloren. Der Grund: Mit geringeren Logistikkosten, niedrigeren Mieten und ohne Personalkosten für Fachverkäufer hat der Online-Handel einen nicht aufholbaren Preisvorteil. Zusätzlich bedient sich der Online-Handel der staatlichen Infrastruktur – und das kostenlos, während der stationäre Handel diese Strukturen durch Steuerabgaben mitfinanziert. Hier liegt der springende Punkt: Nur wenn der Online-Handel verstärkt an den Infrastrukturkosten beteiligt wird, können ausgewogene Verhältnisse zwischen Online-Handel und stationärem Einzelhandel geschaffen werden.
Ein dafür geeignetes Instrument ist die Lkw-Maut. Im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern gilt sie in Deutschland nur für gewerblich genutzte Kraftfahrzeuge, deren zulässiges Gesamtgewicht mindestens 12 t beträgt. Die Onlinehändler nutzen zwar auch solche Fahrzeuge für ihre Tätigkeit. Vor allem auf den letzten Metern zum Kunden greifen sie jedoch verstärkt auf kleinere Fahrzeuge wie 3,5-Tonner oder Sprinter zurück. Die Politik forciert das: Bei der Einführung der neuen Eurovignetten-Regelung 2012 erwirkte Deutschland eine Ausnahme und verzichtet auf eine Ausweitung der Mautpflicht auf alle Fahrzeuge ab 3,5 t. Einer der Profiteure dieser Ausnahme ist ohne Zweifel der Online-Handel. Dass dieser auch über seine Steuerabgaben nur wenig zur deutschen Infrastruktur beiträgt, ist hinlänglich bekannt: Über entsprechende rechtliche Ausgestaltungen werden die Gewinne an den deutschen Steuerbehörden vorbei ins Ausland transferiert.
Besonders ärgerlich für den stationären Einzelhandel: Während der E-Commerce an Infrastrukturkosten spart, können diese oft eine große Rolle spielen, wenn es darum geht, neue Einzelhandelsimmobilien zu errichten. Meist wird hier ein Bauleitplanverfahren erforderlich, bei dem gerade die verkehrlichen Auswirkungen äußerst kritisch unter die Lupe genommen werden. Dass der Verkehrsfluss für die angrenzenden Straßen verträglich gehalten und ausreichend Parkplätze geschaffen werden müssen, ist dabei mehr oder weniger die Regel. Je nach Verhandlungsgeschick der Kommunen kann der Entwickler neben dem Bauleitplanverfahren sogar zur Neugestaltung des angrenzenden Straßenraums verpflichtet werden – Kosten, die das Kräfteverhältnis im Vergleich zur Internetkonkurrenz weiter verschieben.
Während die Politik derzeit lautstark über das Für und Wider einer Pkw-Maut diskutiert, sollte sie mit Blick auf den Einzelhandel besonderen Fokus auf die Ausweitung der Maut auf Kleinlaster und Sprinter werfen, ein Vignettensystem könnte hier mit vergleichbar geringem Aufwand Abhilfe schaffen. Nur wenn sich hier etwas ändert, hat der stationäre Handel langfristig eine Chance gegen den E-Commerce. Daran hängt letztlich sowohl die Existenz vieler mittelständischer und auch größerer Betriebe und ihrer Mitarbeiter als auch die städtische Einzelhandelskultur vieler deutscher Gemeinden.
Dieser Beitrag ist am 12. Dezember 2013 in der Immobilien-Zeitung erschienen.