Nicht verdient
Wir – ich meine uns als deutsche Immobilienwirtschaft – sind nicht beliebt. Unser Ruf ist schlecht, und das nicht erst seit der Finanzkrise. Dass dies nicht nur ein vages Gefühl, sondern eine Tatsache ist, beweisen Untersuchungen. So belegten beispielsweise im vergangenen Jahr Immobiliendienstleistungen in einer EU-Studie zur Konsumentenzufriedenheit den 49. von 50 Plätzen. Nur die Bank- und Finanzberatung schnitt noch schlechter ab.
Ich finde, dass die hiesige Immobilienwirtschaft diesen schlechten Ruf nicht verdient hat. Deutsche Immobilien waren nicht der Auslöser der Finanzkrise. Im Gegenteil: Sie haben sich als Hort der Stabilität erwiesen. Das ist zu einem guten Teil ein Verdienst der deutschen Akteure, die konservativ und mit Augenmaß agiert haben und weiterhin agieren. Das öffentliche Meinungsbild spiegelt diese Tatsache jedoch nicht wider.
Wie lässt sich die Akzeptanz der Branche von Seiten der Bürger steigern? Eine Möglichkeit besteht meiner Meinung nach in einer größeren Rolle des Staats. Sogar die Branche selbst ist der Auffassung, eine stärkere Regulierung könne das Image verbessern: Einer Umfrage zufolge halten 72 Prozent der Makler, Verwalter und Sachverständigen eine staatliche Lizensierung oder Prüfungsabnahme für Immobilienberufe für eine wichtige Maßnahme. Auch der Vorschlag, für ein strengeres Berufsrecht zu sorgen, findet Zustimmung: Rund 71 Prozent sprachen sich hierfür aus. Befragt wurden 1020 Personen und Unternehmen, die in der Immobilienwirtschaft aktiv sind – drei Viertel davon Makler.
Eine stärkere Regulierung alleine ist aber meines Erachtens zu wenig, um das Bild der Branche in der Öffentlichkeit zu verbessern. Die Immobilienwirtschaft muss zusätzlich stärker ihre wichtige Rolle beim Städtebau und bei der Schaffung von Raum zum Wohnen und Arbeiten hervorheben. Ihre Verantwortung gegenüber dem Stadtbild ist groß und mit vielen ihrer Projekte trägt sie wesentlich zu einer Steigerung der Lebensqualität bei, indem sie hochwertigen Wohnraum oder attraktive Geschäftsstraßen schafft. In jeder deutschen Stadt lassen sich zahlreiche Beispiele dafür finden, wie Immobilien zur Verschönerung der Umgebung beigetragen haben. Diese Erfolge müssen deutlicher kommuniziert werden.
Das gilt im Übrigen für einen weiteren Bereich, in dem die Immobilienwirtschaft Gutes tut: ihrem Engagement für Soziales. Von Essen für Bedürftige über den Bau von Schulen in der Dritten Welt bis hin zur Unterstützung von SOS-Kinderdörfern – Immobilienunternehmen setzen sich regelmäßig für soziale Projekte ein. Dieses Engagement muss schlicht und ergreifend nur besser kommuniziert werden. Es wird viel Gutes getan, aber zu wenig darüber geredet.
Die deutsche Immobilienwirtschaft muss meiner Meinung nach stärker hervorheben, dass sie für Solidität, Verantwortungsbewusstsein und gesellschaftliches Engagement steht und dass sie eine gute Arbeit macht. Wenn sie sich zusätzlich etwas mehr Regulierung gefallen lässt, dann kann der Imagewandel in Deutschland gelingen.
Dieser Artikel wurde am 09.02.2012 in der Printausgabe der Immobilien-Zeitung veröffentlicht.