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Blog Post

09
MAI
2017

Wohnungspolitik ohne Investoren – neues Berliner Leitbild?

Schlagwörter : Accentro, Immobilienwirtschaft, Wohnen
Von: Jacopo Mingazzini

Ob die Berliner Landesregierung gelegentlich einen Blick in die Landesverfassung wirft? In Artikel 28, Absatz 1, steht geschrieben: „Das Land fördert die Schaffung und Erhaltung von angemessenem Wohnraum, insbesondere für Menschen mit geringem Einkommen, sowie die Bildung von Wohnungseigentum.” Rot-Rot-Grün kommt diesem Anspruch nicht nach. In keiner Weise.
Leider sorgen die Behörden für das Gegenteil, wenn sie insbesondere in Milieuschutzgebieten Investitionen in den Immobilienbestand entweder unwirtschaftlich machen oder gleich verbieten. Ich kenne einen Projektentwickler, der ein Bauprojekt in einem Berliner Milieuschutzgebiet realisieren will. Zum ersten Mal in seinem langen Berufsleben hat er dafür einen Businessplan geschrieben, in dem nicht ein Cent für Modernisierungen vorgesehen ist. Warum nicht? Weil die Behörden versuchen, die Modernisierungsumlage auf die Vergleichsmiete zu begrenzen, also faktisch zu untersagen. Ich glaube nicht, dass es im Interesse der betroffenen Mieter ist, wenn Investitionen unterbleiben und Milieuschutzgebiete verwahrlosen.

STEINE FÜR INVESTOREN
Dabei kennen die Behörden mehrere Methoden, Investoren Steine in den Weg zu legen. Einerseits nutzen sie dazu die spezielle Rechtslage in den Milieuschutzgebieten, zum Beispiel, indem sie Modernisierungen entweder ganz verbieten oder zwar die Erlaubnis erteilen, allerdings nur unter Auflagen. Die Behörden haben aber noch ein weiteres Machtinstrument, das sie häufig nutzen: das kommunale Vorkaufsrecht.
Will ein Investor ein Objekt erwerben, legen ihm die Behörden eine so genannte Abwendungsvereinbarung vor, die zahlreiche Selbstbeschränkungen bezüglich Umwandlungen oder Modernisierungen vorsieht. Entweder der Investor unterschreibt, oder die Kommune übt ihr Vorkaufsrecht aus. Damit nimmt der Staat Investoren in Geiselhaft und lässt sich im Anschluss medienwirksam dafür feiern – da muss sich niemand wundern, wenn irgendwann niemand mehr in den Immobilienbestand investieren möchte. Wie Berlin aber ohne die Hilfe von Investoren auf Dauer gewährleisten will, dass seinen Einwohnern „angemessener Wohnraum” zur Verfügung steht, ist mir ein Rätsel.
Zugegeben, den nächsten Teil des Verfassungssatzes beherzigt die Landesregierung dafür umso mehr: die Förderung „insbesondere für Menschen mit geringem Einkommen”. Wobei auch das nicht richtig ist, zutreffender würde es nicht„insbesondere”, sondern „ausschließlich für Menschen mit geringem Einkommen” heißen. Die Wohnpolitik in Berlin ist einzig und allein auf Inhaber von Wohnberechtigungsscheinen ausgerichtet. Politik an den Nöten von Geringverdienern zu orientieren, das ist grundsätzlich natürlich in Ordnung, aber doch nicht in dem aktuell betriebenen Ausmaß. Denn dadurch, dass die Landesregierung eine völlig einseitige Klientelpolitik betreibt, schadet sie allen anderen Berlinern — und zwar nicht nur den Wohlhabenden, sondern auch den Durchschnittsverdienern, der Mittelschicht.

BILDUNG VON WOHNEIGENTUM FEHLANZEIGE
Das gilt insbesondere für den letzten Satzteil, für die Förderung zur „Bildung von Wohneigentum”. Das hat sich die Landesregierung überhaupt nicht zur Aufgabe gemacht, im Gegenteil: Sechs Prozent Grunderwerbsteuer machen es nicht nur Gering-, sondern auch Durchschnittsverdienern unnötig schwer, Immobilieneigentum zu erwerben. Dass die Berliner Wohnpolitik sämtliche Eigentümer unter Generalverdacht stellt, für die Verteuerung des Wohnraums verantwortlich zu sein, tut sein Übriges, um die Hauptstädter vom Wohnungskauf abzuhalten. Immobilieneigentümer werden immer mehr zum Feindbild. Dabei erleben die Berliner und die Deutschen insgesamt gerade eine historische Chance, Eigentum zu bilden.
Kaufen ist dank der niedrigen Zinsen tatsächlich günstiger als Mieten, das hat das Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) im vergangenen Herbst in einer Studie berechnet. Und die Bildung von Wohneigentum wäre so wertvoll und wichtig für die Menschen, allein schon aus Gründender Altersvorsorge. Das Meinungsforschungsinstitut TNS Emnid hat im Herbst vergangenen Jahres eine Umfrage durchgeführt, demnach halten 70 Prozent der Deutschen Immobilien für die bessere Altersvorsorge als die gesetzliche Rente. Zu Recht, denn die Rentenlücke wird von Jahr zu Jahr größer und an Immobilien als zusätzlichem Vorsorgeinstrument kommt man eigentlich kaum vorbei.
Allerdings ist nicht nur die Politik dafür verantwortlich, dass die Chance zur Bildung von Wohneigentum nicht von breiteren Teilen der Bevölkerung ergriffen wird. Auch medial viel beachtete Szenarien wie das ZIA-Frühjahrsgutachten sorgen für Panik unter potenziellen Hauskäufern. „The Party is over”, verkündete Empirica-Experte Harald Simons schlagzeilenträchtig (dazu „Immobilienwirtschaft” Heft 4/2017, Seite 14) in Bezug auf den Berliner Wohnimmobilienmarkt. Die Preisübertreibung in der Hauptstadt taxiert Empirica auf gut 50 Prozent, das Rückschlagpotenzial für Berliner Immobilien soll 25 Prozent betragen. Solch hohe Zahlen sind übertrieben. Es spricht eine eindeutige Sprache, dass außer Simons kein anderer Experte diese Schlussfolgerung aus der aktuellen Berliner Marktsituation zieht.

MIETPREISRÜCKGANG NICHT ERSICHTLICH
Natürlich ist es denkbar und wahrscheinlich, dass die Immobilienpreise in Berlin irgendwann nicht mehr so stark steigen werden wie in jüngster Zeit. Aber ein Rückgang der Preise? Den sehe ich im aktuellen Marktumfeld wirklich nicht.
Simons’ Hauptargument ist, dass der Zuzug in den Metropolen hauptsächlich von Ausländern getragen ist, Zuwanderung generell in Wellen geschieht und deshalb der Zuzug zurückgehen könnte. Selbst wenn es so kommen sollte, bräuchte es mehrere Jahre Nullwachstum, nur damit sich der enorme Druck auf dem Berliner Wohnungsmarkt entspannt — was aber nicht zwangsläufig einen Preisrückgang zur Folge hätte. 2016 ist Berlin um 60.000 Menschen gewachsen, dem gegenüber stehen rund 10.000 fertiggestellte Wohnungen. Der mögliche Rückgang der Zuwanderung ist als einziges Argument für einen Preisrückgang arg dünn.

MEIN FAZIT
Die Politik sollte nicht länger nur kleine Teile ihrer Wählerschaft beschwichtigen, indem sie die Wirtschaft zum Sündenbock für gesamtgesellschaftliche Entwicklungen erklärt. Ein Blick in die eigene Verfassung könnte da bereits Abhilfe schaffen, damit die rot-rot-grüne Landesregierung in der Immobilienwirtschaft einen Partner bei der Schaffung von neuem Wohnraum sieht.

Dieser Beitrag ist am 8. Mai 2017 in der Immobilienwirtschaft erschienen

Über den Autor
Jacopo Mingazzini ist Vorstand der Accentro Real Estate AG

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